Bücherverbrennungen hier und dort

Diese Woche haben US-Soldaten in Afghanistan aus Versehen ein paar Exemplare des Korans verbrannt, da die in den Gefängnissen dort ausliegenden Koran-Exemplare regelmäßig ausgetauscht werden, damit Gefangene keine Nachrichten darin hinterlassen können.

Die Bevölkerung Afghanistans ist aufgebracht, entsetzt und wütend. Bereits mehr als 20 Menschen starben bei den Ausschreitungen.

Eine Überreaktion? Schließlich ging es ja nur um ein paar Bücher, die schnell wieder nachgedruckt sind. Das ist sicher keine Menschenleben wert.

Aber vielleicht haben die Afghanen eine Lektion der Geschichte gelernt. Betrachten wir eine andere Bücherverbrennung, an einem anderen Ort, vor 79 Jahren:

Die Nation der Dichter und Denker versammelte sich im Mai 1933, um in Dutzenden von Städten bewußt Bücher zu verbrennen. Hauptbeteiligte waren Studenten und Professoren, die angeblichen Intellektuellen also, die Zehntausende von Büchern unter dem Gejohle der Zuschauer in Flammen setzen.

Bereits 1823 hatte Heinrich Heine in Almansor den (Muslim) Hassan sagen lassen:

Das war ein Vorspiel nur, dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen.

Dieses Zitat, in Almansor übrigens auf den Koran bezogen (!), sollte sich in der weiteren deutschen Geschichte bewahrheiten. Am Ende der nur 12 Jahre der Nazi-Herrschaft hatte das bücherverbrennende Volk ganz Europa in Schutt und Asche gelegt und etliche Millionen Menschen ermordet.

Ich wünsche, 1933 hätten sich in Deutschland nur annähernd solche Proteste geregt wie nun in Afghanistan. – – – Stattdessen spricht sich auch jetzt noch die Mehrheit sogar der Leser dieses Blogs bei einer Umfrage für das Verbrennen des Korans aus.

(There is an English version of this article.)

About Andreas Moser

I am a lawyer in Germany, with a focus on international family law, migration and citizenship law, as well as constitutional law. My other interests include long walks, train rides, hitchhiking, history, and writing stories.
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10 Responses to Bücherverbrennungen hier und dort

  1. Pingback: Book Burnings, here and there | The Happy Hermit

  2. Aron Sperber says:

    die Pogrome eines fanatisierten Mobs, der nur ein einziges Buch akzeptiert und alle anderen Bücher ablehnt, hat nichts mit dem Widerstand gegen das Nazi-Regime zu tun.

    aber ich denke, dass wissen wir wohl beide…

    trotzdem kannst du nicht darauf verzichten, beides gleichzusetzen.

    die Nazis verboten Bücher.

    wir verbieten auch das Buch “Mein Kampf”.

    Macht uns das auch alle zu Nazis?

    Angesichts der Verfolgung, der Schriftsteller wie Salman Rushdi ausgesetzt sind, weil sie es gawagt haben, den Koran in Frage zu stellen, ist dein Vergleich mit der Bücherverbrennungen der Nazis besonders geschmackslos.

    Islamisten begnügen sich wie die Nazis leider nicht damit Bücher zu verbrennen, sie ermorden Andersdenkende bzw. Andersschreibende.

    • Ich will nicht beides gleichsetzen, ganz und gar nicht. Ich wüßte überhaupt nicht, was mit dem Nationalsozialismus gleichzusetzen wäre.
      Vergleiche hinken übrigens immer, sonst wären es keine Vergleiche. Meiner hinkt besonders, zugegeben, wie es Vergleichen über einen Zeitraum von mehreren Generation und um die halbe Welt nunmal zu eigen ist. Aber manchmal habe ich solche kruden Assoziationen und werfe sie gerne unausgegoren in die Diskussion.

    • “Mein Kampf” ist übrigens nicht verboten.
      Es ist nur so, daß der Inhaber des Urheberrechts das Buch nicht herausgibt und sich gegen illegale Nachdrucke wehrt. Das wird sich aber 2016 mit dem Ablauf des Urheberrechts erledigen.

    • exvitro says:

      Das Zitat von Andreas ist aber sehr passend. Und was das Ermorden von Andersdenkenden angeht, da hat die Westliche Welt (der Vorreiter der Demokratie USA insbesondere) auch genug anzubieten. Sowohl in der Vergangenheit, wie auch heute.

      Und es ist nicht ein “fanatisiertes Mob” sondern Menschen deren religiöse Gefühl verletzt wurde. Und nicht von irgendjemanden sondern von jemanden der in ihr Land eingefallen ist. Ich bin selber ein Atheist, insofern ist es mir recht egal vom religiösen Standpunkt aus. Aber ich kann die Gefühle dieser Menschen verstehen und nachvollziehen.

    • Bärli says:

      @exvitro: “Und es ist nicht ein “fanatisiertes Mob” sondern Menschen deren religiöse Gefühl verletzt wurde.” Das ist Unsinn.

      Da hat sich in Afghanistan nur wieder einmal mehr, die hässliche Fratze einer menschenverachtenden Ideologie gezeigt. Eine Ideologie, die das Herrenmenschentum propagiert, und, wie überraschend…, völlig Humorbefreit ist.

      Das hat sich am Beispiel der Karikaturen deutlich gemacht, dass ein “über sich selbst lachen”, ein “Hinterfragen” und “Kritik” im allgemeinen, an der Intoleranz der Muslime scheitert.

      Ich persönlich begrüße das Koranverbrennen als zwingend notwendigen Schritt beim Antiaggressionstraining des Patienten “Islam”.

      Man muß diese Prozedur und ähnliches (wie z.B. Mohammedkarikaturen) immer und immer wieder durchziehen (dabei evtl. auftretende strafbewehrte Reaktionen sofort und nachhaltig unterdrücken/sanktionieren), bis der letzte Eiferer es begriffen hat, daß Gewalt absolut keine Antwort auf eine Meinungsäußerung oder auch eine tatsächliche Beleidigung ist. Auch im Interesse des obengenannten Patienten sollte man mit dieser Behandlung möglichst schnell beginnen, bevor sich dessen psychische Störung verfestigt und ausbaut.

  3. jeanjean4 says:

    Die Korane wurden nicht ihres gedruckten Inhaltes wegen verbrannt, sondern weil Häftlinge Mitteilungen hinein gekritzelt hatten. Übrigens eine im Islam zulässige Vorgehensweise, wenn die Bücher in schlechtem Zustand sind.

    Bei der Verbrennung Tausender von Bibeln, die in den afghanischen Dialekten hergestellt wurden waren und als Spenden ins Land kamen, regte sich kein Afghane auf – im Gegenteil – man verlangte die Verbrennung. Es steht keine Kirche, kein Hindu Tempel, keine Synagoge mehr in diesem Höllenloch. Alle zerstört.Das edle Volk der Afghanen, hat das Land von jeder Miderheit “gesäubert”, die den islamischen Volkskörper hätte verunreinigen können. Und nun jagen sie jeden, der auch nur die geringsten Abweichungen von ihrem Schlichtglauben vermuten lässt.

    @exvitro,
    ” Ich bin selber ein Atheist, insofern ist es mir recht egal vom religiösen Standpunkt aus. Aber ich kann die Gefühle dieser Menschen verstehen und nachvollziehen”.

    Ach ja? Für welches Buch würden Sie Andersdenkende ermorden? Ihre gespielte Gefühligkeit speist sich doch recht offensichtlich aus Ihrem Hass auf Amerika.

  4. Ferdi says:

    Gefaellt mir sehr die Seite. Schone Themenwahl.

  5. Hal says:

    Sehe ehrlich gesagt den Zusammenhang zwischen der Situation in den Gefängnissen in Afghanistan und den Bücherverbrennungen in den Dreißigern nicht.

    1933 ging es ganz klar um die systematische Vernichtung ‘andersartigen Gedankenguts’. Also die Entfernung von unerwünschten Büchern aus Handel und bestehenden Buchbeständen.

    Im Fall oben wurden ein Satz Exemplare eines Buches vernichtet um sicherzugehen das Sträflinge keine Nachrichten darin hinterlassen haben, und durch (hoffentlich) identische Exemplare ersetzt. Man hat weder versucht den Handel mit dem Koran zu unterbinden, noch landesweit zu dessen Vernichtung aufgerufen.

    Letzeres mag aus Sicht der Muslime ein Problem sein weil der Koran eben deren heilige Schrift ist und nur unter sehr bestimmten Bedingungen vernichtet werden darf, aber wir haben hier trotzdem zwei sehr, sehr unterschiedliche Sachverhalte.

    Wenn letzteres verwerflich sein sollte, bin ich selbst auch der Bücherverbrennung schuldig, ich habe schon einmal ein von einem Hund zerfleddertes Buch im Restmüll entsorgt. Das ist sicher in ner Verbrennungsanlage gelandet.

    Es wäre denke ich relevanter einen Zusammenhang zwischen den Bücherverbrennungen und dem aktuellen Bestreben der Regierungen nach mehr Internetzensur herzustellen als zwischen den Sachverhalten im Artikel. Das Internet gab es zwar 1933 noch nicht, aber die Intention und mögliche Effekte sind sich sicher ähnlich. Einschränkung der Verbreitung von ‘Gedankengut’ das nicht dem Willen der Obrigkeit entspricht.

  6. Bülend says:

    Ich finde es lobenswert, dass endlich mal jemand etwas wahrheit offenlegt

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